In der Regel finden sich im Vorfeld einer aussagepsychologischen Begutachtung keine oder nur unzureichende Tatsachenbeweise, also lediglich die Aussage  einer mutmaßlich Geschädigten sowie eines Tatverdächtigen (Aussage-gegen-Aussage-Konstellation). 

Der methodische Standard besteht in einer hypothesengeleiteten Diagnostik nach den Richtlinien des BHG Urteils aus dem Jahr 1998, das auf dem empirischen Erkenntnisstand zur Unterscheidung von wahren und nicht erlebnisfundierten Aussagen basiert. Nach Kenntnis der Vorinformationen werden Gegenhypothesen zur Wahrnahme abgeleitet und systematisch geprüft. Untersucht werden vor dem Hintergrund von Erkenntnissen der psychologischen Gedächtnisforschung und den individuellen Voraussetzungen der Aussageperson die Aussagetüchtigkeit, die Aussagegeschichte sowie die Aussagequalität.

Im Fokus der Glaubhaftigkeitsbegutachtung steht dabei nicht die Bewertung der Faktizität eines in Frage stehenden Tatgeschehens, sondern die psychologische Beurteilung der von einem mutmaßlichen Opferzeugen vorgetragenen Gedächtnisrepräsentationen.

Richtlinien des BHG Urteils aus dem Jahr 1998.